Im Boden der Schachenbadi wurden Schwermetalle gefunden – wie gefährlich ist das?

Bei Aushubarbeiten im Schwimmbad kamen unerwartet Blei, Cadmium und Quecksilber zum Vorschein. Die Rede ist von «sehr stark belastetem Bodenmaterial». Die geplante Kanalisation wird jetzt wohl fast doppelt so teuer.

Baumulden vor dem Badi-Eingang: Bei Aushubarbeiten im Schachen kamen Schwermetalle zum Vorschein.
Baumulden vor dem Badi-Eingang: Bei Aushubarbeiten im Schachen kamen Schwermetalle zum Vorschein.Bild: Emil Rohrbach

Der 24. Juni 1955 war für die Aarauer ein Freudentag: Damals wurde die neue Badi im Schachen in Betrieb genommen. Sie löste das Flussbad am Nordufer der Aare ab, wo die Baderei mangels Kläranlagen von amtlichen Stellen als «hygienisch bedenklich» und «gesundheitsschädigend» eingestuft worden war, wie es Historiker Hermann Rauber in einem Beitrag zu den Aarauer Badis schrieb.

Nach einem Projektwettbewerb wurde das Architekturbüro Haefeli Moser Steiger mit dem Bau beauftragt. Die Ortsbürger genehmigten der Einwohnergemeinde ein Baurecht für achtzig Jahre, die Einwohnergemeindeversammlung sprach den Baukredit von gut 1,6 Millionen Franken. Die neue Anlage im Schachen ermöglichte also auch wieder Schwimmunterricht in sauberem Grundwasser. Man hatte die Schachen-Badi auf einem ehemaligen «Schuttablagerungsplatz» gebaut.

Dass dort, wo sich heute die Badi befindet, von 1916 bis 1950 etwa 60’000 Kubikmeter Industrie- und Gewerbeabfälle abgelagert worden waren, war den Behörden bekannt. Damals schon liess die Stadt den belasteten Boden abtransportieren. Bekannt ist auch, dass bei der letzten grösseren Badi-Sanierung vor rund zehn Jahren Altlasten entsorgt werden mussten.

Doch wie stark der Untergrund dort, wo seit siebzig Jahren Sommer für Sommer Generationen von Kindern ihre Badetüechli auslegen, tatsächlich noch immer verschmutzt ist, war niemandem bekannt. Bis jetzt. Im Boden unter der Rasenfläche kamen Schwermetalle zum Vorschein.

Am Anfang war die Leitung

Angefangen hat alles mit Aushubarbeiten für eine neue Kanalisationsleitung. Sie soll die Badi und das benachbarte Leichtathletikstadion entwässern. Seit 2022 war der Stadt klar, dass die Kanalisationsleitung in der Schwimmbadstrasse hydraulisch und baulich ungenügend ist. Im Juli 2024 begannen die Bauarbeiten für die neue Hauptleitung.

Bei der Projektierung habe die Stadt auch den Anschluss des Leichtathletikstadions und des Schwimmbads erneuern wollen, heisst es in einem Bericht des zuständigen Ingenieurbüros. Dazu ist eine neue Leitung durch das Areal der Badi notwendig. Seit September 2024 waren im Schwimmbad die Bagger zugange. Bemerkenswert ist allerdings, dass sie ohne Baubewilligung losgruben – die Stadt meinte anfangs, es brauche keine für diese Leitung, sie käme einem Hausanschluss gleich.

Man wusste, dass der Bereich – wegen der alten Deponie aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – im kantonalen Kataster der belasteten Standorte kartiert ist. Dort allerdings auf niedriger Gefahrenstufe: «Belastet, weder überwachungs- noch sanierungsbedürftig». Zum Vergleich: Das Kern-Areal im Schachen und die Deponie Ritzer in Küttigen leuchten auf der Karte tiefrot: «sanierungsbedürftig».

Auszug aus dem Kataster der belasteten Standorte. Rot umrandet das Schwimmbad Schachen.
Auszug aus dem Kataster der belasteten Standorte. Rot umrandet das Schwimmbad Schachen.Quelle: Agis

Bei der Stadt ging man deshalb davon aus, dass bei den Aushubarbeiten belastetes Material zum Vorschein kommt. Allerdings ging man von sehr geringer Belastung aus. Bei den Aushubarbeiten im Badi-Areal stellte sich nun aber heraus, dass «die festgestellten Belastungen höher waren als ursprünglich angenommen». Das schreibt die Leiterin des Werkhofs, Regina Wenk, auf Anfrage. Und aufgrund dieser Befunde braucht es nun doch ein Baugesuch. Es liegt aktuell öffentlich auf. Darin ist konkret die Rede von «unerwartet erhöhten Mengen an sehr stark belastetem Bodenmaterial».

Ein Bagger häuft Aushubmaterial an.
Ein Bagger häuft Aushubmaterial an.Bild: Emil Rohrbach

Arbeiten auf Bauplätzen mit belastetem Untergrund werden von einer Altlasten-Fachperson begleitet. Diese nimmt abschnittsweise Mischproben aus dem Aushub und analysiert sie. In diesen Proben aus dem Schwimmbadareal fanden sich Konzentrationen von Quecksilber und anderen Schwermetallen wie Blei oder Cadmium, die die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstwerte überschritten.

An Standorten wie der Badi darf ein Boden maximal 1 Gramm Blei pro Kilogramm Aushub enthalten. Cadmium darf nicht mehr als 20 Milligramm und Quecksilber nicht mehr als 2 Milligramm pro Kilogramm aufweisen. Da diese Werte an gewissen Stellen überschritten wurden, habe man auf dem ganzen Gelände Proben des Unter- wie Oberbodens gemacht, teilt Regina Wenk mit.

Der Aushub wird periodisch von einer Altlastenfachperson geprüft.
Der Aushub wird periodisch von einer Altlastenfachperson geprüft.Bild: Emil Rohrbach

Die für Bauarbeiter und Badibesucherinnen sicherheitsrelevante Probe ist die des Oberbodens. Hier kann Wenk Entwarnung geben: «Die Ergebnisse zeigen, dass dort keinerlei Gefahr für die Besucherinnen und Besucher der Badi besteht.» Die Bauarbeiten wurden mittlerweile wieder aufgenommen und sollen im Badi-Areal «bis spätestens Ende April» abgeschlossen sein. Das Freibad Schachen soll am 1. Mai wieder öffnen.

Beim nachzureichenden Baugesuch bleibt es für die Stadt nicht. Die Entsorgung des Aushubs wird die Kosten des Bauvorhabens um voraussichtlich 80 Prozent erhöhen, schreibt Wenk. Ursprünglich hätte die Leitung 690’000 Franken kosten sollen. Weitere Proben oder allfällige Massnahmen im Kataster oder Bauperimeter sei Sache des Kantons, so Wenk. Seitens der Abteilung für Umwelt des Kantons befindet man sich allerdings noch in der Bearbeitung des Falls.

Bei Aushubarbeiten für eine neue Kanalisation wurden Schwermetalle im Boden der Badi gefunden.
Bei Aushubarbeiten für eine neue Kanalisation wurden Schwermetalle im Boden der Badi gefunden.Bild: Emil Rohrbach

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