Zibatra fliegt bewusst unter dem Radar – die Geschichte einer Firma, die sich mehrmals neu erfunden hat

Vor fünfzig Jahren wurde in Hägendorf die Zibatra Logistik AG gegründet. Seither hat sie sich zur Schweizer Marktführerin im Velotransport entwickelt. Auf einem Rundgang verrät der Geschäftsführer, was es mit dem Namen auf sich hat und wie die Firma auch ohne Marketing erfolgreich bleibt.

Mit Schweizerkreuz: die roten Lastwagen der Zibatra.
Mit Schweizerkreuz: die roten Lastwagen der Zibatra.Bild: Bruno Kissling

Unkompliziert, hemdsärmelig, persönlich. Sponsor des Biketeams Solothurn. Nischenplayer im Transportmarkt. Orangefarbene bis rote Lastwagen. Das ist die Zibatra Logistik AG.

Eigentlich ist die Firma ein Transportunternehmen von vielen, die sich im Grenzgebiet zwischen Hägendorf und Rickenbach den Standortvorteil der nahen Autobahn zunutze gemacht haben. Eigentlich aber auch nicht. Die Geschichte der Zibatra ist die Geschichte eines Unternehmens, das mit der Zeit gehen will. Eines Unternehmens, das diversifiziert, um profitabel zu bleiben. Eines Unternehmens, das anders sein will als die meisten.

Geschäftsführer Stefan Gächter im Herzstück seiner Firma.
Geschäftsführer Stefan Gächter im Herzstück seiner Firma.Bild: Bruno Kissling

Dass die Geschichte des Unternehmens bereits im Namen zu erkennen ist, erstaune dennoch viele, sagt Geschäftsführer Stefan Gächter. Das Wort Zibatra ist ein sogenanntes Silbenkurzwort und besteht aus den jeweils ersten Silben der Wörter: Ziegelei, Baustoffe, Transport. In einem Wort erklärt der Firmenname die Geschichte des Unternehmens.

Nach dem Verkauf der Ziegelei in Hägendorf hat sich das Familienunternehmen zu einem Baustoffhändler entwickelt, bevor es Mitte der 1970er-Jahre ins Transportgeschäft eingestiegen ist.

Rund 200’000 Velos: das Hauptlager der Zibatra in Hägendorf.
Rund 200’000 Velos: das Hauptlager der Zibatra in Hägendorf.Bild: Bruno Kissling

Marktführerin im Velotransport

1974 wurde Zibatra gegründet. In diesen fünfzig Jahren hat sich das Unternehmen verändert: Früher wurden neue Märkte mit Produkten erschlossen, die mit dem bisherigen Angebot nichts zu tun hatten, heute erweitert das Unternehmen sein Sortiment mit Produkten, die mit dem bisherigen in Verbindung stehen. Die Firma bietet heute auf dem Transport- und Logistikmarkt spezielle Dienstleistungen an und macht sich seit geraumer Zeit einen Namen als Velologistikerin in der Schweiz.

Gut 50 Prozent des lokalen Veloverkaufs werden über Zibatra abgewickelt. Pro Jahr transportiert sie rund 200’000 Velos. Würde man sie alle aneinanderreihen, entstünde eine Linie, die sich vom Firmensitz bis ins französische Lyon erstreckt.

Auf einem dieser Velos scheppert ein Werkstattmitarbeiter in der grossen Lagerhalle um die Ecken. Testfahrt. Geschäftsführer Gächter führt durch die riesigen Hallen, wo die Fahrräder in Kartonschachteln aufeinandergestapelt gelagert werden. Daneben, in der firmeneigenen Werkstatt, montieren gut zwanzig Mitarbeitende angelieferte Velos.

Zwanzig Mitarbeitende montieren die angelieferten Velos. Die Zibatra liefert diese einsatzbereit in speziellen Lastwagen aus.
Zwanzig Mitarbeitende montieren die angelieferten Velos. Die Zibatra liefert diese einsatzbereit in speziellen Lastwagen aus.Bild: Bruno Kissling

Der Patron grüsst, geht gelassen durch die Gänge, gelegentlich ein Schwatz. «Wir sind halt unkompliziert in der Logistikbranche», erklärt er mit seinem Ostschweizer Dialekt. Von fast all seinen Mitarbeitenden kenne er die Namen. Mit vielen gibt es auf dem Rundgang was zu besprechen. Meist Privates. Gächter: «Dieser Beruf ist für mich ein Hobby.» Ihm kauft man das ab.

Im elterlichen Transportunternehmen aufgewachsen und die Lehre bei Coop absolviert, begleitet das Geschäftsfeld Transport und Logistik den 50-Jährigen schon sein ganzes Leben. Bei der Zibatra ist er trotz «selbem Baujahr», wie er selbst sagt, seit acht Jahren.

Networking steht im Zentrum

Im Gespräch merkt man sofort, warum das Geschäftsmodell der Zibatra mit dem Ostschweizer an der Spitze funktioniert. Networking. «Wir wollen, dass die Kunden unsere Fans werden», sagt er, und die Augen funkeln. Er hebt den Finger: «Wir fliegen bewusst unter dem Radar.» Gächter hält inne: «Das gute Netzwerk hat die Zibatra in den letzten Jahren beflügelt.»

Für die Kundenakquise und das Vordringen in neue Geschäftsfelder tue er vor allem eines: zuhören. Auch das kauft man ihm ab. Beim Zuhören erkenne man Bedürfnisse möglicher neuer oder bereits bestehender Kundinnen und Kunden.

In Windeseile zu guten Lösungen

«Und dann muss man nur noch Lösungen finden für diese Probleme. Glücklicherweise haben wir einen hervorragenden IT-Experten, der die Ideen auch umsetzen kann», sagt er.

Eine dieser Lösungen ist ein Onlinetool, das die Zibatra in Zusammenarbeit mit einem Velozubehörhersteller entwickelt hat. Velohändler können gebrauchte Reifenschläuche – anstatt diese fortzuwerfen – auf diesem Tool anmelden. Die Zibatra holt sie bei der nächsten Durchfahrt ab und bringt sie wieder zum Hersteller, wo diese rezykliert werden. Von der Idee bis zur Aufschaltung des Tools seien damals nur rund fünf Wochen verstrichen, sagt Gächter.

Betrieb ist bei der Zibatra fast rund um die Uhr

Die Führung geht weiter. Das Zibatra-Areal scheint schon von aussen riesig, aber alle Gebäude sind unterkellert. Mit Liften, so gross wie Zimmer, geht es hinab in die Tiefe.

Das Areal der Zibatra im Grenzgebiet von Hägendorf und Rickenbach.
Das Areal der Zibatra im Grenzgebiet von Hägendorf und Rickenbach.Bild: Bruno Kissling

Das Tageslicht scheint von oben aus kleinen Fenstern in die dicht bepackte Halle. 98 Prozent der Bücher, die in der Schweiz verkauft werden, sind mal in einem Gebäude der Zibatra gelegen. Hier in Hägendorf lagert das Unternehmen vorwiegend C-Ware ein. Also Bücher, die nicht täglich über den Verkaufstisch gehen.

Dank des sogenannten Nachtexpresses, einer weiteren Zibatra-Lösung, können Bücherläden bis abends um fünf eine Bestellung aufgeben. Spätestens am nächsten Morgen um acht ist die Ware vor Ort. Gächter: «Das Fahren in der Nacht spart nicht nur Zeit, sondern auch Treibstoff.» Und somit auch Geld. Doch das bedeutet Nachtarbeit. In seinem Unternehmen arbeiteten alle freiwillig in der Nacht, beteuert der Geschäftsführer.

Das Lager mit den gestapelten Velos.
Das Lager mit den gestapelten Velos.Bild: Bruno Kissling

«Im Lager sind wir chaotisch organisiert», sagt Gächter in den tiefen Kellern, wo die Bücher ruhen. «Und das ist im Fachjargon gar nicht schlecht.» Wobei «chaotisch» nur bedeutet, dass nicht alles seinen festen Platz hat, sondern in grossen Lagern vorrätig ist. «So ist man schneller und flexibler, aber auch abhängiger von der Informatik.»


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Emil Rohrbach